Der Religionsflame
Wäre dafür den gröbsten eud0r aus dem Thread zu entfernen und nach Philosophie & Kunst zu verschieben.
Immer wieder hört man, dass Religoin und Götter bloß den Zweck der Welterklärung hätten, und das Religion jetzt, wo es auch ne wissenschaftliche Welterklärung gibt, mehr oder weniger überflüssig oder gar irrational ist.
Aber wenn das eine Kritik an Religion sein soll, dann kämpft man gegen einen recht einfachen Gegner. Zugeben mag man, dass der griechische Ziegenbauer um 750 v. Chr. so einen Glauben gehabt hat; aber offenbar kritisiert man heute keine stinkenden griechischen Ziegenbauern, wenn man eine Kritik an Religion üben möchte.
In solcher "Kritik" oder in einem solchen Verständnis von Religion wird Religion zu einem Aussagesystem gemacht, das deskriptiven Inhalt hätte. Religion wird dann eine Theorie, was der Fall ist. Wenn man sagt, dass sich Religion und Wissenschaft widersprechen, dann muss man annehmen, dass sowohl Wissenschaft als auch Religion jeweils Narrationen über den gleichen Gegenstandsbereich, bloß mit unterschiedlichem (und im Falle der Religion in sich widersprüchlichem) Inhalt sind. Dieses Verständnis, nach dem sich Wissenschaft und Religion widersprechen, impliziert, dass man Wissenschaft und Religion für strukturäquivalent hält. Die Konsequenz dieser Sicht ist ein Religionsverständnis, wie es nichtmal mehr im 13. Jahrhundert gepflegt worden ist: dass man, wenn man die Bibel aufschlägt, eine (fiktive/falsche/ungesicherte/widersprüchliche) Antwort darüber bekommt, was der Fall ist. Schwimmt Eis auf dem Wasser? Schlagen wir die Bibel auf! Warum bewegen sich die Sterne mit gewissen Regelmäßigkeiten? Ah warte, da habe ich neulich was im Johannesevangelium gelesen... - es ist klar, das ist nicht das, was Religion (heute) ausmacht. [Edit: Man könnte sich fragen, ob der antike Mensch, der Götter als Erklärung verwendet hat, religiös war]
Übrigens ist es eben genau dieser Fehler, den Kreationisten begehen. Die lesen die Bibel auch wie einen Tatsachenbericht, zu dem man andere Phänomenmengen (Fossilien) konsistent machen muss. Die lesen die Bibel nicht in einer Weise, die wir als originär religiös bezeichnen würden. Die betreiben schlicht und einfach Pseudowissenschaft, weil sie innerhalb der wissenschaftlichen Struktur vermeintlich religiöse Inhalte einbringen wollen.
Vielmehr hat Religion die Funktion, das, was der Fall ist (und was in den wissenschaftlichen Narrationen repräsentiert ist) unter bestimmte Interpretationen zu bringen, die es für uns erträglich machen. Aussagen, die originär religiös, von denen man sagen kann, dass sie gleichzeitig nicht Wissenschaft sind, zielen in einen Bereich, der hinter Wissenschaft und Faktischem liegt.
Ich denke deswegen auch nicht, dass man über Moses, Jesus oder Mohammed sagen könnte, sie wären religiöse Menschen gewesen. Wir müssen uns Moses, Jesus oder Mohammed eher als ernüchterte, moderne Menschen vorstellen. Indem sie Gott gesehen haben, haben sie erkannt, was wirklich ist. Und damit hatte "Gott" nichts mehr religiöses an sich. Er war keine Entität mehr, die Sinngebung versprach; er ist auf einmal ein echtes Ding gewesen.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 06.09.2010 19:45 von miguel.)
|