Religion ist doch nur ein weiteres von Menschen geschaffenes Kollaboratorium zur Selbst- und Weltdarstellung auf der Grundlage weniger realistischer und konstruktiver als vielmehr fanatischer und fundamentalistischer Substanz. Zu Religion gehört auch, an kühnen Grundsätzen und Konzepten festzuhalten und nie einen Gedanken zu verschwenden, der sich im Bereich der Anzweiflung dessen befindet. Extraktion wahnwitzig aufgestellter Tatsachen und Glaubensauslegungen ist aber eine Fähigkeit, die zu einem gesunden Geist gehört. Zweifeln ist kein Mittel zum Zweck, es ist der Zweck! Denn das tust du ganz allein, niemand zieht die Fäden, niemand steuert dich, niemand beeinflusst deine Gedanken. Die beste Religion ist immer noch, abstruse Weltanschauungen wie die jener religiösen Fanatiker anzuzweifeln und sich davon so weit wie möglich zu distanzieren und als krankhaftes Ergebnis eines gestörten, menschlichen Verstandes anzusehen – als Ausbruch einer geisten Seuche, die jeder in sich trägt, der sich gut und gern in die genauso erlesene wie obskure Horde „Menschheit“ einzuordnen gewillt ist; eine kaum diskutable und genauso wenig aufzuhaltende wie akzeptable Selbstverständlichkeit. Auch der Glaube an eine endlich erscheinende Vernunft im menschlichen Verstand kann eine Religion sein – der jüngste Tag als derjenige welcher, an dem eine durch gemeinschaftlicher Eigennütz, Habgier und Obskurität gezeichnete Gemeinschaft der weiterentwickelten Homo Sapiens (ein sich mit Tatsachen widersprechender Begriff) endlich von geistiger Reinheit erfüllt wird, kurzum: Lasst den Menschen sterben, damit der Mensch leben kann. Die bisherige Entwicklung war doch nur eine zunehmende Verschmutzung, aus vielerlei Hinsicht, auch der religiösen. Man sehne sich einer Reinigung, eines gänzlichen Neubeginns, gar einer Regenese seines Verstandes entgegen. Doch derartige Visionen sind eben wie das Konzept brauchbarer, von Vernunft geprägter Grundsätze, die die Entwicklung der Menschheit steuern, selbst, lediglich utopische Visionen und in Anbetracht der Tatsachen vielleicht sogar genauso gut als Fanatismus zu bezeichnen. Lasst uns also verabscheuen, was sich nie einer Änderung unterziehen wird.
„Ich liebe die großen Verachtenden, weil sie die großen Verehrenden sind und Pfeile der Sehnsucht nach dem anderen Ufer!“