Wehrdienst ist doch nur eine von vielen Manifestationen nationalistischen Denkens. Man will uns (im Idealfall) wappnen für möglicherweise und überraschend eintretende Kriege (neudeutsch: bewaffnete Konflike), auf dass wir uns mit dem patriotistisch angehauchten Trieb im Unterbewusstsein erfolgreich zur Wehr setzen können.
Ich persönlich wüsste nicht, für wen ich mich zur Wehr setzen soll, wenn nicht ausschließlich für mich selbst … und da hab ich ganz andere Methoden als jene, die man uns in der Handvoll Monaten vertrauensvoll ans Herz legen will. »Kämpfen, Siegen oder Untergehen« ist ja schön und gut, aber doch nicht für imaginäre Hirngespinste wie Ruhm, Ehre, Reichtum oder Vaterlandsliebe. Mit diesen Zielen führt man einen Krieg genauso klischeehaft wie man als Mann mit einer rosa Handtasche als schwul gilt.
Auch der wahnwitzig anschauliche Aspekt, dass man einen jungen Menschen genau dann, wann man am gründlichsten durchdenken und planen muss, wie es mit der Zukunft in seinem Leben weitergeht, so herzhaft mit diesem Wehrpflichts- und Musterungsgeplänkel penetriert, dass im Vergleich dazu selbst die Zeugen Jehovas als angenehm durchgehen, spricht für sich (klassisches »Die-haben-mir-gerade-noch-gefehlt«-Szenario).
Insofern fände ich es ganz passend, der Wehrpflicht eine voluntaristische Basis zu verpassen. Somit kann jeder, der nach Abschluss von Schule oder Ausbildung oder sonstwas, nicht weiß, wie es jetzt weitergehen soll, selbst entscheiden, ob er seine bevorstehende Lustlo… Arbeitslosigkeit beim Bund oder Zuhause ausleben will … inkl. den kleinen, aber feinen Unterschieden zwischen Wehrsold und Arbeitslosengeld.
Ich hatte mit den kompetenztechnisch weniger gut bestückten Leuten der mitteldeutschen Kreiswehrersatzämter auf jeden Fall genug Spaß – sogar so viel, dass sich meine Musterung weitaus länger als die eigentliche Grundausbildung hingezogen hat, ich letztlich aber dennoch ausgemustert worden bin. Garantiert habe ich durch die ganzen bürokratiegetriebenen Rennereien trotz Gleichgültigkeit an der ganzen Sache auch mehr Kilometer zurückgelegt als ich es in jeder Grundausbildung hätte. Aus diesem persönlichen Blickwinkel heraus geht jegliche Kritik meinerseits auch eher in Richtung der geistigen und vor allem organisatorisch-bürokratischen Pfiffigkeit der Leute, die dieses System bestimmen und hinter diesem System stehen. Womöglich wären die paar Monate Grundausbildung angenehmer geworden als die Schwulitäten, die ich vorher hatte, aber das ist nur eine tollkühne Vermutung.